Frau steht auf einem Berg im Schnee

Laufen Sie dem Winterblues einfach davon

Wenn die Tage kürzer werden, der Himmel grau ist und die Sonne sich nur noch selten hervorwagt, schlägt das vielen Menschen aufs Gemüt. Sie fühlen sich müde, unmotiviert oder sogar traurig. Warum hat das Wetter einen so grossen Einfluss auf unsere Stimmung – und warum hilft Bewegung an der frischen Luft?

Experteninterview mit der Psychologin Eva Deutschmann, Krisenpräventions-Coach für psychische Gesundheit bei Zurich Schweiz

Ist der Winterblues nur ein Klischee oder eine Realität?
Manche fühlen sich in der «dunklen» Jahreszeit sehr wohl, sie verbinden damit schöne Erlebnisse, Traditionen und auch den Wintersport. Einige sind im Winter ein wenig müde und ruhen mehr, sind aber nicht unbedingt betrübt. Andere empfinden die Winter­monate als trübe, graue Jahres­zeit und sind vorüber­gehend leicht depressiv verstimmt.

Das zeigt sich zum Beispiel darin, wenn sie sich müde fühlen, weniger Energie haben, nicht so ausgeglichen sind und vermehrt kohlen­hydratreich essen möchten. Bei solch einer leichten depressiven Verstimmung ist normalerweise keine therapeutische Behandlung notwendig. Dann gibt es auch Menschen, die an einer Winter­depression leiden und professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen sollten. Die Übergänge sind fliessend und eine Abgrenzung ist nicht immer einfach. 

Warum hat die «dunkle» Jahreszeit einen so grossen Einfluss auf die Stimmung?
In unseren Breitengraden sind die Tage im Sommer viel länger. Umgekehrt dauern die Winternächte in der Schweiz bis zu 16 Stunden an, deshalb bekommen wir in den Winter­monaten weniger Tageslicht ab. Doch dieses hat eine wichtige physiologische Funktion: Es beeinflusst unseren Stoffwechsel und steuert unseren Schlaf-Wach-Rhythmus über die Boten­stoffe Serotonin und Melatonin.

Bei Tages­licht wird Serotonin gebildet, es ist auch als «Wohlfühl-Hormon» bekannt und wirkt stimmungs­aufhellend und entspannend. Darüber hinaus ist Serotonin an vielfältigen Prozessen im Körper beteiligt, etwa im Herz-Kreislauf­system an der An- und Entspannung der Blutgefässe, es beeinflusst das Schmerz­empfinden und Sättigungs­gefühl und ist an der Regulation der Körper­temperatur beteiligt. Wenn es draussen dunkel wird und weniger Tageslicht auf die Netzhaut des Auges trifft, wird das über den Tag gebildete Serotonin im Gehirn in der Zirbeldrüse in Melatonin umgewandelt. Im Winter produziert der Körper mehr vom «Schlafhormon» Melatonin, welches uns müde macht.

Was findet im Körper und Gehirn statt, wenn ich eine depressive Verstimmung habe?
Besonders im Winter, wenn wir zu wenig Tageslicht haben, produziert der Körper weniger Serotonin und mehr Melatonin. Das trägt dazu bei, dass wir uns müde, lustlos und ängstlich fühlen können, verstimmt sind, vermehrt Stress empfinden und mehr essen als notwendig. Da die Boten­stoffe Serotonin und Melatonin in einem Wechsel­spiel stehen, kann der Schlaf-Wach-Rhythmus aus dem Takt geraten.

Wir sind antriebslos, erschöpft und möchten zu viel schlafen oder bekommen keinen guten Schlaf. Ein Mangel an Tageslicht führt auch dazu, dass wir nicht ausreichend Vitamin D produzieren. Niedrige Vitamin-D-Spiegel werden auch mit depressiven Verstimmungen und Depression verbunden. Nach Rücksprache mit einer Fachperson kann es sinnvoll sein, Vitamin D als Tropfen einzunehmen. Spaziergänge bei Tageslicht tun ebenfalls gut – natürlich mit entsprechendem Sonnenschutz.

Warum hilft Sport bei depressiven Verstimmungen?
Wenn wir Sport treiben, tun wir dem Gehirn und dem gesamten Körper etwas Gutes. Wir wissen, dass Sport – der eigenen Leistungs­fähigkeit angepasst – beispiels­weise das Herz-Kreislaufsystem, Muskel-Skelettsystem, Immunsystem, die Zell­erneuerung und Neuro­plastizität, also die Veränderungs­bereitschaft im Gehirn, unterstützt. Dabei laufen viele biochemische Prozesse ab und die Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin, Serotonin und Endorphin werden ausgeschüttet. Sie wirken aktivierend, treiben uns an, bereiten uns Glückgefühle, motivieren uns zu mehr und geben uns ein Gefühl der Belohnung und der inneren Zufriedenheit.

Zusätzlich verändert sich bei Bewegung die Aktivierung im Gehirn. Beim Grübeln und Gedanken­kreisen ist ein Gehirn­bereich namens «präfrontaler Kortex» überaktiviert. Dieser ist auch aktiv, wenn wir beispiels­weise etwas planen, komplexe Probleme lösen, nachdenken und in der Entscheidungs­findung sind. Treiben wir Sport, verlagert sich die Aktivität in weitere Bereiche des Gehirns. So können wir uns ablenken und kommen auf andere Gedanken.

Ausserdem kann Sport als Ventil helfen, um Stress abzubauen, Angst­gefühle zu reduzieren und zu innerer Ruhe zu finden. Wir stärken unser Selbstwertgefühl und Körper­bewusstsein. Am besten ist es, Bewegung als festen Bestandteil in die Woche einzuplanen. Es kostet vorher Überwindung, besonders wenn es draussen kalt und ungemütlich ist, aber hinterher fühlt man sich umso besser.

Welche Art von Sport hat am meisten Einfluss auf die psychische Verfassung und warum?
Es gibt nicht die eine Sportart gegen depressive Verstimmungen. Viel wichtiger als die Sportart ist die Regel­mässigkeit: Es ist für Körper und Psyche gut, wenn wir uns regelmässig bewegen, vor allem an der frischen Luft. Das kann ein Spaziergang sein, der auch als «Jungbrunnen» für Körper und Geist betitelt wird. Wer es intensiver mag, kann beispiels­weise walken, joggen, ein Workout machen, Yoga oder Kraftsport treiben und je nach Stimmung abwechseln oder kombinieren.

Wichtig ist es, sich nicht von Anfang an zu überfordern. Der wichtigste Motivations­faktor ist die Freude an der Bewegung. Sich eine Sportart aufzuzwingen, löst nur Stress aus. Wer sich länger nicht mehr bewegt hat, kann klein anfangen und langsam steigern, damit die Motivation erhalten bleibt. Manchen gelingt es leichter, wenn sie mit einem Trainings­partner starten oder beim Sport die Lieblingsmusik hören. 

Warum ist Bewegung in der freien Natur besonders wirksam, zum Beispiel auf dem Zurich vitaparcours?
Allein schon, Zeit im Grünen zu verbringen, tut gut, es entspannt und das Herz schlägt langsamer. In einer Studie hatten Personen, die mehr Zeit im Freien verbrachten, eine bessere Stimmung und positive Veränderungen in bestimmten Gehirn­bereichen. Es wird auch eine bessere Gedächtnis­leistung und Konzentration vermutet. Wenn ich mich draussen bei Tageslicht bewege, sei es für einen Spaziergang in der Mittags­pause oder ein «Walk and Talk»-Meeting in der Arbeit, gebe ich meinem Körper zusätzlich die Chance für wichtige physiologische Prozesse, eine bessere Durch­blutung und einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus.

Hinzu kommt der schützende Effekt von Sport. Das Grossartige am Zurich vitaparcours ist, dass wir die Natur erleben können und jede und jeder selbst­bestimmt das eigene Tempo wählen und den eigenen Weg für sich finden kann. Auf den Tafeln am Weg entlang und in der Zurich vitaparcours App gibt es hilfreiche Tipps und Anregungen. In der Natur können wir kreativ werden, uns allein oder mit anderen zusammen eine sportliche Auszeit gönnen und ins Gespräch kommen. Über die App ist es auch möglich, sich mit anderen zu messen. Ob mit oder ohne Leistungs­ziel, wir gewinnen, wenn wir uns draussen bewegen. Das Schöne am Zurich vitaparcours: Wir brauchen nur etwas Zeit, und die geeignete Ausrüstung.

Welche anderen Möglichkeiten habe ich, um meine Stimmung zu verbessern? 
Über unseren Lebensstil können wir unsere Stimmung und allgemeine Gesundheit positiv beeinflussen. Tageslicht­lampen am Morgen unterstützen bei Müdigkeit und depressiven Verstimmungen. Über die Mittagszeit können wir einen Spaziergang machen, das ist umwelt­freundlich und kostet nichts. Zu ähnlichen Zeiten aufstehen und ins Bett gehen hilft für eine geregelte Tagessstruktur. Auch die Darmflora hängt mit der psychischen Gesundheit zusammen. Eine ausgewogene Ernährung ist für die Darm­gesundheit wichtig. Mit Wintergemüse, Nüssen, Kernen, Hülsenfrüchten, Pilzen und Obst nehmen wir Ballaststoffe und gesunde Fette auf.

Helfen können auch Achtsamkeits- und Meditations­übungen, dabei gibt es vielfältige und abwechslungs­reiche Methoden. Auch wer viel um die Ohren hat, sollte Hobbies, Interessen und Soziales nicht vernachlässigen: Sich gegenseitig bekochen, malen, spielen, ein gutes Buch lesen, die Lieblingsmusik hören, Familie und Freunde treffen, kuscheln, Haustiere streicheln... Gegen Einsamkeit hilft es, soziale Kontakte wieder aufleben zu lassen, neue Kontakte zu knüpfen und gemeinsam etwas Schönes zu unternehmen. Auch dazu lädt der Zurich vitaparcours ein. Wir sollten gut zu uns selbst sein und es braucht keine Perfektion.

Wie viel Schwermut ist «normal», wann sollte ich eine Fachperson kontaktieren?
Das ist nicht einfach zu beantworten, denn die Grenzen sind fliessend. Wenn wir uns vorübergehend leicht verstimmt fühlen, reicht es vielleicht schon aus, bewusst den Lebensstil anzupassen. Mit einer vertrauten Person darüber zu sprechen, hilft zusätzlich. Dann merken wir, dass es anderen auch nicht immer leichtfällt, und wir können uns gegenseitig unterstützen. Wenn wir uns um eine andere Person Sorgen machen und den Eindruck haben, es geht ihr nicht gut, können wir das Gespräch aktiv suchen. 

Wenn ein persönlicher Leidensdruck besteht und die Lebens­führung beeinträchtigt ist, sollte man sich Unterstützung von einer Fachperson holen. Das liegt beispiels­weise vor, wenn eine Person anhaltend niedergeschlagen, traurig und über den Tag müde ist, antriebs- und interessenlos ist, sich nicht gut konzentrieren kann, eine verminderte Libido hat, sich das Gewicht verändert, Schlafstörungen vorliegen. Jeder Mensch ist ein wenig anders und es gibt hier kein Schwarz-Weiss. Auch Substanz­missbrauch oder andere auffällige Verhaltens­weisen sind ein Warnsignal – unabhängig davon, ob es sich um eine depressive Erkrankung handelt oder nicht.

Eine wichtige erste Anlaufstelle bietet der Schweizer Verband «Die dargebotene Hand»: Über die Telefonnummer 143 kann man anonym und rund um die Uhr mit jemandem sprechen, ob über Alltagssorgen oder wenn man in einer schwierigen Lebenslage ist. Auch auf www.wie-gehts-dir.ch gibt es viele Tipps und wertvolle Adressen.

Tipps zum Loslegen:

  • Überlegen Sie, warum Sie sich mehr bewegen möchten und was Sie daran hindert. 
  • Schaffen Sie regelmässige Zeitfenster für sich und setzen Sie sich realistische Ziele.
  • Finden Sie einen Zurich vitaparcours in Ihrer Nähe. Für mehr Abwechslung bietet die Zurich vitaparcours App zusätzlich Übungen, Trainingspläne, Tipps & Tricks und noch mehr.
  • Ziehen Sie Outdoor-Kleidung und Schuhe mit gutem Profil an. Bei Dunkelheit sind eine Stirnlampe und Reflektoren an der Kleidung wichtig.
  • Feiern Sie Erfolge und seien Sie stolz auf sich. Wenn es mal nicht klappt, nutzen Sie es als Chance um daraus zu lernen und bleiben Sie dran.
Eva Deutschmann ist Psychologin mit vielseitigen Interessen auch an Ernährung und Sport. Als Krisen­präventions-Coach für psychische Gesundheit bei Zurich Schweiz begleitet sie Mitarbeitende von Firmenkunden, wenn sich diese in belastenden Situationen befinden, etwa bei einem Schicksals­schlag in der Familie. Eine rasche, psychologische und nachhaltige Betreuung kann die Betroffenen emotional entlasten und ihnen den ersten Schritt aus einer akuten Krise ermöglichen. Auch sich anbahnende Krisen können auf diesem Weg verhindert oder abgeschwächt werden.

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