BVG-Reform 2024: Darum geht es

BVG-Reform 2024: Darum geht es

Im Herbst wird über die BVG-Reform abgestimmt: Warum ist eine Reform notwendig? Was würde sich durch die Reform ändern? Und welche Gruppen würden von der Reform profitieren? Diese Fragen beantwortet der folgende Artikel.
Frau sitzt gemütlich mit einem Mädchen auf dem Sofa und schauen gemeinsam in ein Laptop.

Vier Herausforderungen in der beruflichen Vorsorge

Aktuell gibt es vier Herausforderungen in der beruflichen Vorsorge: 

  1. Menschen in Teilzeit (insbesondere Frauen) und mit tiefen Einkommen sind in der beruflichen Vorsorge benachteiligt.
  2. Arbeitgeber müssen für ältere Mitarbeitende deutlich höhere BVG-Beiträge zahlen, das macht insbesondere Menschen über 55 weniger attraktiv auf dem Arbeitsmarkt.
  3. Seit Einführung des BVG im Jahr 1985 ist die Lebens­erwartung deutlich gestiegen, gleichzeitig sind die Zinsen seit vielen Jahren niedriger als im System vorgesehen. Beides hat zu Finanzierungs­engpässen geführt.
  4. Eine Reform soll nicht zu einem Renten­abbau führen, sondern das Rentenniveau soll mindestens gleich bleiben.

Ziel des Reformvorschlags ist es, Lösungen für diese vier Herausforderungen zu bieten.

Ziel 1: Menschen in Teilzeit besser absichern

Was soll angepasst werden? 
Der Koordinationsabzug (der nicht im BVG versicherte Lohnanteil) soll auf 20 Prozent des AHV-Lohns gesenkt werden und die Eintrittsschwelle für das BVG soll auf CHF 19’845 reduziert werden. 

Was wäre die Wirkung? 
Mit der neuen Eintrittsschwelle wären 70’000 Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen neu und 30’000 besser im BVG versichert und würden entsprechend höhere Altersleistungen erhalten. Der gesenkte Koordinationsabzug würde die Benachteiligung von Teilzeitkräften deutlich abmildern – 58% der Frauen und 19% der Männer arbeiten in Teilzeit. Profitieren würden davon alle, die ein Einkommen unter CHF 73’500 erzielen.

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Ziel 2: Ältere im Arbeitsmarkt attraktiver machen

Was soll angepasst werden?
Aktuell gibt es vier Beitragsstufen – mit dem Alter steigt auch der prozentuale Lohnanteil, der für die berufliche Vorsorge eingezahlt werden muss. Gemäss der BVG-Reform soll es statt vier Beitragsstufen nur noch zwei geben: Zwischen 25 und 44 Jahren sollen 9% und zwischen 45 und 65 Jahren sollen 14% vom BVG-pflichtigen Lohn in die berufliche Vorsorge eingezahlt werden. 

Was wäre die Wirkung? 
Junge könnten bereits früher mehr Kapital ansparen, müssten aber auch früher höhere Beiträge zahlen, ebenso ihre Arbeitgeber. Insbesondere Erwerbstätige ab 55 würden für die Arbeitgeber weniger teuer und hätten so vermutlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Ziel 3: Der steigenden Lebenserwartung gerecht werden

Was soll angepasst werden? 
Der gesetzliche Umwandlungssatz soll von 6,8% auf 6,0% reduziert werden. Der Umwandlungssatz gibt vor, mit welchem Prozentsatz das vorhandene Altersguthaben bei Pensionierung in eine jährliche Altersrente umgerechnet wird. Dabei wird die Lebenserwartung ab Pensionierung ebenso berücksichtigt wie der erwartete Zins. 

Was wäre die Wirkung? 
Die Wirkung wäre, dass die jährliche Rente aus dem Altersguthaben gemäss BVG-Obligatorium geringer ausfällt als zuvor. Für jüngere Generationen würde dieser Effekt jedoch ausgeglichen, weil sie früher höhere Sparbeiträge einzahlen müssten (siehe Ziel 2). Die Übergangsgeneration würde zudem von Rentenzuschüssen profitieren. Vor allem aber würde die momentan regelmässig stattfindende Umverteilung von der erwerbstätigen Generation zu Rentnerinnen und Rentnern reduziert, da die heutigen Versprechen nicht mehr dem entsprechen, was über das Kapitaldeckungsverfahren von der Finanzierung her überhaupt möglich ist.

Ziel 4: Die Übergangsgeneration entschädigen

Was soll angepasst werden? 
Personen, die in den ersten 15 Jahren nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden, können die Reduktion des Umwandlungssatzes nicht durch höhere Sparbeiträge kompensieren. Sie sollen deshalb einen Rentenzuschlag erhalten.

Was wäre die Wirkung? 
Die «Übergangsgeneration» wird für die Nachteile aus der Reform – insbesondere durch die Reduktion des Umwandlungssatzes – finanziell entschädigt.

Häufig gestellte Fragen zur BVG-Reform 2024

Hier finden Sie Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen rund um die geplante Reform der beruflichen Vorsorge.

Welchen Einfluss hat die BVG-Reform auf mein Einkommen im Alter?

Der Einfluss der BVG-Reform auf die persönlichen Alters­leistungen ist für die meisten Menschen viel geringer, als sie vermuten. Denn die ganz grosse Mehrheit der Pensionskassen und Arbeitgeber bietet schon heute Leistungen, welche über das BVG-Obligatorium hinausgehen: Nur 9,2% der versicherten Personen im BVG sind in einem BVG-Minimum-Plan versichert (Quelle: BFS – Pensionskassenstatistik 2021, Seite 26). Weitere rund 10% weisen nur einen geringen Teil an über­obligatorischem Altersguthaben auf. Im Schnitt stammen nur 38% (Stand 2022) aller Guthaben in der beruflichen Vorsorge aus dem BVG-Obligatorium. Die übrigen 62% sind zusätzliche freiwillige («überobligatorische») Leistungen der Pensionskassen. Diese sind von der Reform nicht betroffen.

Wie wichtig ist der Umwandlungssatz für unsere Altersleistungen?

Was viele nicht wissen: Der BVG-Mindestum­wandlungssatz spielt schon heute nicht mehr die entscheidende Rolle. Er gibt vor, mit welchem Prozentsatz das vorhandene Alters­guthaben bei der Pensionierung in eine jährliche Altersrente umgerechnet wird. Er basiert u.a. auf der Lebenserwartung und dem technischen Zinssatz. Der technische Zinssatz entspricht sozusagen der garantierten Verzinsung des Vorsorgekapitals des Rentners oder der Rentnerin auf Lebzeiten. Seit der Einführung der beruflichen Vorsorge 1985 ist die Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren deutlich gestiegen, die Renten müssen also deutlich länger entrichtet werden. Deshalb muss der Umwandlungssatz gesenkt werden. Allerdings entsprechen die tatsächlichen Umwandlungssätze der Schweizer Pensionskassen schon länger nicht mehr dem gesetzlichen Minimum von 6,8%, sondern liegen im Durchschnitt bereits bei 5,22%. Dies ist möglich, da der gesetzliche Umwandlungs­satz nur auf das obligatorische BVG-Altersguthaben anzuwenden ist, für die über­obligatorischen Guthaben können niedrigere Sätze angewendet werden.

Führt eine Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes zu Leistungskürzungen?

Wird der Umwandlungs­satz gesenkt, sinken auch die jährlichen Rentenzahlungen. Doch dies wird bei der Reform weitgehend kompensiert, weil durch die Anpassung der Beitrags­zahlungen und durch den reduzierten Koordinations­abzug das Altersguthaben erhöht wird. Zudem erhält die Übergangs­generation einen Rentenzuschlag. Der Betrag ist so abgestuft, dass ältere Erwerbs­tätige und solche mit wenig Alterskapital am meisten erhalten. Erst bei einem Vorsorge­guthaben von mehr als CHF 441’000 geht man leer aus. 

Profitieren nur die Jungen von der BVG-Reform?

Mit der Reform würden junge Arbeitnehmer, tiefe Einkommen und Teilzeit­arbeitende gestärkt. Das sind genau die Gruppen, welche bisher durch eine Vorsorgelücke gefährdet sind. Faktisch profitieren aber auch viele Menschen kurz vor der Rente von der BVG-Reform: Etwa die Hälfte der Übergangs­generation wird bessergestellt. Die Finanzierung der Reform müssen vor allem die Erwerbs­tätigen unter 50 Jahren schultern: Sie würden die Rentenzuschläge über eine Dauer von 15 Jahren mitfinanzieren. Finanziert wird die Reform somit aus eigenen Mitteln der Pensionskassen und Zuschüssen des Sicherheitsfonds. Das kostet rund CHF 11,3 Milliarden (BSV, Die Referendumsvorlage, S.16).

Was spricht für oder gegen den Abstimmungsvorschlag?

Eine Reform ist prinzipiell notwendig. Viele Elemente des Vorschlags sind sinnvoll, zum Beispiel die Senkung des Koordinations­abzugs, die Senkung der Eintrittsschwelle und die Senkung des Umwandlungs­satzes. Kritisch zu sehen ist, dass bei der Kompensation der Übergangs­generation die jungen Arbeit­nehmenden die Hauptlast tragen müssen. Ausserdem wird mit diesen Ausgleichs­zahlungen die Tür für eine systemfremde Umverteilung geöffnet.

Wie kann ich meine persönliche Altersvorsorge stärken?

Unabhängig davon, ob die Reform angenommen wird oder nicht, ist es immer wichtig, auch privat in der 3. Säule vorzusorgen. Die gebundene Vorsorge (Säule 3a) bietet steuerliche Vorteile und ist ein wichtiger Baustein zur Ergänzung der Altersvorsorge. Die freie Vorsorge (Säule 3b) bietet mehr Flexibilität und ist eine gute Ergänzung zur Säule 3a. Hier finden Sie Informationen zu den Unterschieden zwischen Säule 3a und Säule 3b.

Je früher jemand zu sparen anfängt, desto besser: Über die Jahre lässt sich mehr Geld einzahlen, dank Zinseszins-Effekt lohnt sich das langfristige Sparen besonders und bei einem langen Anlagehorizont ist es möglich, mehr Risiko einzugehen und damit auch mehr Rendite­chancen zu nutzen. Für die Optimierung der Anlagestrategie ist es wichtig, die Anlagen zu diversifizieren, also breit zu streuen. So können Sie Ihr Risiko mindern und die Renditechancen erhöhen. Ausserdem sollten Sie Ihre Anlagestrategie regelmässig überprüfen und an Ihre aktuelle Lebens­situation sowie an die Markt­entwicklung anpassen. Ihr Kundenberater oder Ihre Kundenberaterin steht Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Nicht nur beim Sparen, sondern auch beim Risikoschutz können Lücken entstehen. Auch diese gilt es, so weit wie möglich zu schliessen.

Möchten Sie wissen, wo Sie aktuell stehen? Finden Sie mit unserem Online-Vorsorgerechner heraus, welche Vorsorgelücken Sie haben.

Lücken in der beruflichen Vorsorge können Sie auch durch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse schliessen. In welchem Umfang dies möglich ist, lässt sich auf dem jährlichen Pensionskassen­ausweis erkennen. Diese Einkäufe reduzieren nicht nur die Lücken in der Altersvorsorge, sondern lassen sich auch vom steuerbaren Einkommen abziehen und sind deshalb auch steuerlich sehr attraktiv. Allenfalls ist es sinnvoll, sie über mehrere Jahre zu staffeln. Auch bei einer möglichen Früh­pensionierung gibt es einiges zu beachten. Deshalb ist eine individuelle Beratung bei einem Kundenberater oder einer Kundenberaterin immer sinnvoll und wichtig.

Welche Auswirkungen hätte die BVG-Reform auf mich?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt von Ihrer persönlichen Situation ab.

  • Falls Sie Teilzeit arbeiten, würde die geplante Senkung des Koordinations­abzugs und der Eintritts­schwelle vermutlich dazu führen, dass Sie besser abgesichert sind, weil ein grösserer Teil Ihres Einkommens versichert wäre. Allerdings würden Sie wahrscheinlich auch etwas höhere Beiträge zahlen.
  • Falls Sie zur Übergangs­generation («Personen, die in den ersten 15 Jahren nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden») gehören, kann Ihnen Ihre Pensionskasse ebenfalls Auskunft geben, ob Ihre Rente durch die Reform gesenkt würde und ob Sie von ausgleichenden Renten­zuschlägen profitieren würden. 
  • Fragen Sie bei Ihrem Arbeitgeber nach, wie Sie aktuell abgesichert sind, und lassen Sie sich den jährlichen Pensionskas­senausweis erklären. So erfahren Sie unter anderem, welcher Teil Ihres Lohns obligatorisch oder über­obligatorisch versichert ist (nur der obligatorische Teil wäre von einer Senkung des Umwandlungssatzes betroffen), ob Sie noch Potenzial für freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse haben und was eine Teil- oder Frühpensionierung Sie kosten würde.
  • Gerade wenn Sie zur Generation 50plus gehören, ist eine individuelle Vorsorge- und Pensions­planung immer sinnvoll. So können Sie bereits heute die Weichen für Ihre Zukunft stellen – für Ihre finanzielle Freiheit nach der Pensionierung.

Wie sieht die Zukunft der beruflichen Altersvorsorge aus?

Drei grosse Trends werden die Zukunft der beruflichen Altersvorsorge beeinflussen:

  1. Demografie: Die Tatsache, dass die Bevölkerung immer älter wird und es relativ wenig Kinder gibt, wird weiterhin eine Heraus­forderung für unser Vorsorgesystem darstellen – weitere Anpassungen der Beiträge und der Leistungen sind möglich. 
    Für die staatliche Vorsorge (AHV) ist die Herausforderung noch viel grösser. Denn in der beruflichen Vorsorge spart prinzipiell jede erwerbstätige Person für sich selbst (Kapitaldeckungsverfahren), in der staatlichen Vorsorge hingegen findet das Umlageverfahren Anwendung – alle Beiträge der Aktiven gehen in einen grossen Topf, daraus werden die Renten finanziert. Wenn es weniger Beitragszahlende gibt, entstehen Lücken – wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in Rente gehen, wird dies noch ein grosses Thema werden.
  2. Der zweite Trend, der die berufliche Altersvorsorge beeinflusst, ist die Technologie: Auch in der beruflichen Vorsorge wird die Digitalisierung verstärkt Einzug halten. Wahrscheinlich wird es in Zukunft verbesserte digitale Tools zur Verwaltung und Optimierung der Altersvorsorge geben, auch für die Versicherten selbst. Denkbar sind ausserdem automatisierte Beratungstools. Unser Vorsorgerechner gibt bereits einen Vorgeschmack darauf, in welche Richtung sich die Technik entwickeln könnte.
  3. Drittens ist es möglich, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern – angesichts der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung wird es auch in Zukunft notwendig sein, die gesetzlichen Grundlagen der beruflichen Vorsorge immer wieder zu überprüfen und allenfalls anzupassen.
Profitipp
Prüfen Sie Ihren Pensionskassen­ausweis: Er verrät Ihnen, mit welcher Rente aus der 2. Säule Sie im Alter rechnen können, was Sie eine Früh­pensionierung kosten würde und welche Leistungen bei dauerhafter Krankheit oder im Todesfall ausbezahlt würden. Ausserdem erfahren Sie, in welchem Umfang Sie freiwillig Gelder einzahlen können, um die Leistungen aus der Pensionskasse zu verbessern – steuerbegünstigt. Die Vorsorgespezialistinnen und -spezialisten von Zurich beraten Sie gerne.

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